Irgendjemand (vielleicht er selbst?) hat ihn mal den „Bulldozer der
Underground-Literatur“ genannt. Wahrscheinlich, weil seine Inhalte vergleichsweise
drastisch daherkommen. Das ist nicht neu. Dirk Bierbaß aus Halle fällt
mir ein oder Michel Birbaek aus Köln. Verglichen mit Letzterem verfasst
Jan Off – von ihm soll hier die Rede sein – zahme Kindergarten-Prosa.
Schubladisierungen sind selten hilfreich, oft eher hinderlich.
Vor mir liegt ein schmales Bändchen (Kleinformat, 85 Seiten) mit insgesamt
neun Storys von Jan Off, Jahrgang ´67. Das Werk trägt den Titel „Köfte“.
Sämtliche Geschichten sind in einer imaginären Kneipen-, Straßen-,
Anarcho- und Chaoten-Szene angesiedelt. Es wird viel gesoffen, gekifft, gekotzt
und gevögelt. Hauptakteure sind, neben dem Autor als Ich-Erzähler
und einigen weiteren, meist traurigen Gestalten: Elvis Presley, Claudia Schiffer,
Harald Juhnke und Manfred Kanther.
Was zunächst jeweils verheißungsvoll und durchaus originell beginnt,
entpuppt sich jedoch im weiteren Verlauf zunehmend als Masche, wirkt eher manieriert.
So fangen die Bezeichnungen von Straßen, Plätzen und Kneipen irgendwann
zu nerven an: Prostatachaussee, Straße-des-eingewachsenen-Zehennagels,
Straße-der-falschen-Gesinnung, Platz-des-unbrauchbaren-Verhütungsmittels,
Café Blase, Karbunkel-Bar, Abkack, Trocken-von-hinten und so weiter.
Mit den Inhalten verhält es sich streckenweise ähnlich: sie wiederholen
sich zuweilen.
Damit kein falscher Eindruck entsteht: das Bändchen enthält auch wirklich
witzige, vor allem flott und gekonnt geschriebene Teile, („Grundzüge
postmoderner deutscher Lyrik“ oder „Adolf H.s Restleib macht Zicken“
z.B.) Jan Off kann schreiben, er beherrscht sein Handwerk - keine Frage. Doch
entsteht leider der Eindruck, als verschwende er an seine Inhalte nur wenige
Gedanken. Es hat den Anschein, als fabuliere (plappere) er, in vollstem Vertrauen
auf seine Szenenkenntnisse, einfach immer locker drauflos, in der Hoffnung,
es wird schon gutgehen. Manchmal gelingt´s, manchmal aber auch nicht.
Jan Off´s Storys sind Vortragstexte. Geeignet zum Vorlesen in irgendeiner
verräucherten Kneipe, nachts um halb zwei. Wen wundert´s, dass Jan
Off mehrfacher Poetry-Slam-Sieger ist?
Und eigenartig: wenn es um Erotik geht, dann kann der kodderschnäuzige
Bulldozer richtig poetisch werden.
Wirklich gekonnt sind die comicartigen Zeichnungen von Knut Gabel. Der klare,
kräftige Strich harmoniert bestens mit der klaren, kräftigen Sprache
des Autors, der sich übrigens der „Neuen Braunschweiger Sonderschule“
zugehörig fühlt.
Die Freude über das ansprechend gestaltete Äußere des Bändchens
wird leider ein wenig durch den stolzen Preis von 20,80 DM getrübt.
Jan Off, Köfte,
mit Illustrationen von Knut Gabel, 85 Seiten, DM 20,80, erschienen 1998 im Verlag
Jens Neumann, Nerotalstraße 38, 55124 Mainz, ISBN 3-930559-31-5