Wie Jan Off einmal 27 Nazis erschlug, mit Claudia Schiffer ins Bett ging und darüber versäumte, gründlich genug an seinen Storys zu arbeiten
von Kai Engelke

Irgendjemand (vielleicht er selbst?) hat ihn mal den „Bulldozer der Underground-Literatur“ genannt. Wahrscheinlich, weil seine Inhalte vergleichsweise drastisch daherkommen. Das ist nicht neu. Dirk Bierbaß aus Halle fällt mir ein oder Michel Birbaek aus Köln. Verglichen mit Letzterem verfasst Jan Off – von ihm soll hier die Rede sein – zahme Kindergarten-Prosa. Schubladisierungen sind selten hilfreich, oft eher hinderlich.
Vor mir liegt ein schmales Bändchen (Kleinformat, 85 Seiten) mit insgesamt neun Storys von Jan Off, Jahrgang ´67. Das Werk trägt den Titel „Köfte“. Sämtliche Geschichten sind in einer imaginären Kneipen-, Straßen-, Anarcho- und Chaoten-Szene angesiedelt. Es wird viel gesoffen, gekifft, gekotzt und gevögelt. Hauptakteure sind, neben dem Autor als Ich-Erzähler und einigen weiteren, meist traurigen Gestalten: Elvis Presley, Claudia Schiffer, Harald Juhnke und Manfred Kanther.
Was zunächst jeweils verheißungsvoll und durchaus originell beginnt, entpuppt sich jedoch im weiteren Verlauf zunehmend als Masche, wirkt eher manieriert. So fangen die Bezeichnungen von Straßen, Plätzen und Kneipen irgendwann zu nerven an: Prostatachaussee, Straße-des-eingewachsenen-Zehennagels, Straße-der-falschen-Gesinnung, Platz-des-unbrauchbaren-Verhütungsmittels, Café Blase, Karbunkel-Bar, Abkack, Trocken-von-hinten und so weiter. Mit den Inhalten verhält es sich streckenweise ähnlich: sie wiederholen sich zuweilen.
Damit kein falscher Eindruck entsteht: das Bändchen enthält auch wirklich witzige, vor allem flott und gekonnt geschriebene Teile, („Grundzüge postmoderner deutscher Lyrik“ oder „Adolf H.s Restleib macht Zicken“ z.B.) Jan Off kann schreiben, er beherrscht sein Handwerk - keine Frage. Doch entsteht leider der Eindruck, als verschwende er an seine Inhalte nur wenige Gedanken. Es hat den Anschein, als fabuliere (plappere) er, in vollstem Vertrauen auf seine Szenenkenntnisse, einfach immer locker drauflos, in der Hoffnung, es wird schon gutgehen. Manchmal gelingt´s, manchmal aber auch nicht.
Jan Off´s Storys sind Vortragstexte. Geeignet zum Vorlesen in irgendeiner verräucherten Kneipe, nachts um halb zwei. Wen wundert´s, dass Jan Off mehrfacher Poetry-Slam-Sieger ist?
Und eigenartig: wenn es um Erotik geht, dann kann der kodderschnäuzige Bulldozer richtig poetisch werden.
Wirklich gekonnt sind die comicartigen Zeichnungen von Knut Gabel. Der klare, kräftige Strich harmoniert bestens mit der klaren, kräftigen Sprache des Autors, der sich übrigens der „Neuen Braunschweiger Sonderschule“ zugehörig fühlt.
Die Freude über das ansprechend gestaltete Äußere des Bändchens wird leider ein wenig durch den stolzen Preis von 20,80 DM getrübt.

Jan Off, Köfte, mit Illustrationen von Knut Gabel, 85 Seiten, DM 20,80, erschienen 1998 im Verlag Jens Neumann, Nerotalstraße 38, 55124 Mainz, ISBN 3-930559-31-5